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Kaum ein Sportevent zieht weltweit so viel Aufmerksamkeit auf sich, wie der Super Bowl! In diesem Jahr stehen sich am Sonntag (Kickoff in der Nacht zu Montag, 00:30 Uhr, live auf ProSieben) die Cincinnati Bengals und die Los Angeles Rams gegenüber.
Auch in Deutschland erfreut sich die NFL mittlerweile sehr großer Beliebtheit. „Schuld“ daran ist unter anderem Patrick Esume, der gemeinsam mit der ranNFL-Crew nun schon seit mehreren Jahren sonntags die Partien als Moderator und Experte im deutschen TV begleitet.
Am kommenden Sonntag moderiert er gemeinsam mit dem ranNFL-Team auf dem TV-Sender „ProSieben“ die 56. Auflage des Super Bowl. Wir haben im Vorfeld mit ihm darüber gesprochen, worauf es für die Mannschaften ankommt, auf wen man achten sollte und was er von dem legendären Lineup der Halbzeitshow hält. Zudem überrascht er mit einer mutigen Vorhersage, wer das Spiel für sich entscheiden wird.
vereinsleben.de: Coach, wie groß ist Deine Freude auf den Super Bowl?
Patrick Esume: Die ist immens. Wenn man Footballbegeisterter ist und Football lebt, wie viele hier in Deutschland und auch ich, dann fiebert man das ganze Jahr auf dieses zweite Februarwochenende hin. Jetzt ist es tatsächlich so weit. Dann ist man schon ziemlich aufgeregt. Am Sonntagabend im Studio werde ich unter meinem Anzug wahrscheinlich ganz schön schwitzen, aber das ist das Highlight des Jahres. Größer geht es für uns Football-Nerds im Sport nicht.
vereinsleben.de: Sind die beiden Teams eine Überraschung für Dich? Mit den Chiefs, Packers, … gab es viele Teams die stärker eingeschätzt wurden.
Patrick Esume: Das ist ein halbes Überraschungsfinale. Die Rams sind sozusagen das Team, was „All in“ gegangen ist, alles Geld auf den Tisch gelegt hat, um sich eine erfolgreiche Saison zu erkaufen, sofern man das so sagen kann. Wirklich das Ausnahmeteam sind die Cincinnati Bengals, die extrem jung sind und die keiner wirklich erwartet hat. Vorletztes Jahr waren sie noch das schlechteste Team der NFL und jetzt stehen sie im Finale mit ganz vielen jungen Menschen. Ich finde, das ist schon eine ziemlich coole Erfolgsstory.
vereinsleben.de: Nahezu alle Experten sind sich einig, dass die Bengals trotzdem der klare Außenseiter sind. Für Dich auch?
Patrick Esume: Ja, das sind sie definitiv, weil sie weniger Erfahrung haben. Die Rams haben das LA-Stars-Team. Das Hollywood der NFL spielt bei den Rams und dann kommen aus Cincinnati, Ohio, ein paar junge Bengel mit Goldketten, die sich noch nicht richtig oder noch nicht lange in der NFL bewiesen haben, und wollen mit denen um die Krone streiten. Das ist schon ein bisschen ein Generationsduell. Deshalb finde ich es auch sehr spannend.
vereinsleben.de: Cincinnati hat mit Quarterback Joe Burrow und Receiver Ja'Marr Chase eine gefürchtete Combo, die sehr gut funktioniert …
Patrick Esume: Die Beiden kennen sich. Burrow und Chase waren im Collegefootball bei LSU das unglaublichste Duo der letzten Dekade im Collegefootball und jetzt haben sie das Ganze auf das nächste Level transferiert, spielen jetzt auch noch in der NFL zusammen und sind genauso erfolgreich. Das ist schon wirklich bizarr, das auf dem nächsten Level noch zu duplizieren. Die beide schaffen es, weil sie eine unglaubliche Chemie haben. Die beiden beflügeln sich ein bisschen. Das ist natürlich cool, wenn du jung bist, in einer neuen Profiliga und du hast deinen Partner in Crime, den du schon "seit deiner Jugend" kennst und kannst den irgendwie mitnehmen. Das ist schon eine coole Combo.
vereinsleben.de: Worauf kommt es für die Bengals an, wenn sie eine Chance haben wollen?
Patrick Esume: Sie brauchen einen richtig guten Plan von ihrem Cheftrainer. Sie müssen den Ball kontrollieren. Ich möchte jetzt nicht zu tief hineingehen, aber: Sie müssen den Ball kontrollieren, sprich den Ball laufen, und diese High Power Superstar-Offense von den Rams auf der anderen Seite vom Feld halten. und sie dürfen nicht zu viel den Ball werfen, weil in der Verteidigungslinie von den Rams stehen denen ungefähr Godzilla und King Kong gegenüber. Wenn die erst einmal richtig loslegen, wird es ekelhaft für Joe Burrow. Deswegen den Ball zu laufen, muss die Devise sein für die Cincinnati Bengals, wenn sie gewinnen wollen.
vereinsleben.de: Vor und während der Saison hat man bei den Rams nach 2017 erneut alles auf eine Karte, auf die Superbowl-Teilnahme, gesetzt. Ist der Sieg quasi Pflicht?
Patrick Esume: Der Sieg ist ein Muss für die Rams. Die können gar nicht anders. Dieses Team, was sie jetzt zusammengestellt haben, ist stärker als das Team, mit dem sie schon einmal im Superbowl standen. Sie haben einen besseren Quarterback, sie haben bessere Receiver, sie haben eine bessere Verteidigung. Und sie haben so viel Geld ausgegeben. Das können sie in diesem einen Jahr machen, nächstes Jahr sind diese ganzen Einjahresverträge alle weg und die Spieler wollen alle bezahlt werden. Das heißt, sie werden dieses Team nicht halten können. Für Rams heißt das jetzt oder nie.
vereinsleben.de: Mit Aaron Donald haben die Rams den wohl gefürchtetsten Defensivspieler in ihren Reihen. Könnte das am Ende den Unterschied ausmachen?
Patrick Esume: Das wird am Ende den Unterschied ausmachen. Ich habe es eben schon gesagt: Aaron Donald und diese Verteidigungslinie, da ist noch Von Miller dabei. Der eine ist King Kong, der andere Godzilla. Diese Jungs sind besonders bei den Passversuchen fast nicht zu blocken. Wenn du in die Situation kommst, dass du den Ball nicht mehr läufst, sondern nur noch wirfst, dann kommt Aaron Donald und kann so ein Spiel auch einmal übernehmen und Joe Burrow in tausend Teile hauen. Der kann auf jeden Fall das Spiel übernehmen. Deshalb ist der Plan der Bengals so wichtig, um den Mann aus dem Spiel zu nehmen.
vereinsleben.de: Das Spiel findet im SoFi-Stadium in LA statt. Heimvorteil Rams?
Patrick Esume: Ja, ich glaube schon. Obwohl der Heimvorteil statistisch in der NFL gar nicht mehr da ist. Nichtsdestotrotz sage ich als Trainer immer, wenn du in deiner gewohnten Umgebung bist, zuhause schlafen kannst und am Morgen tatsächlich noch deinen Kindern und deiner Frau tschüss sagen kannst, wie immer zum Stadion herüberfährst, ist das natürlich noch einmal etwas ganz anderes, als wenn du eine oder eine halbe Woche ganz woanders bist. Da hast du eine Menge Ablenkung. Ich glaube schon, dass es ein Vorteil für die Rams ist. Aber ob der reichen wird, wird sich zeigen.
vereinsleben.de: Neben den bereits angesprochenen Burrow, Chase, Donald und Miller – wer sind die weiteren Players to watch?
Patrick Esume: Auf der Seite der Bengals würde ich auf Joe Mixon, den Runningback, mit der Nummer 28 und Tee Higgins mit der 85, den Passempfänger, gucken. Wir reden alle über Jamar Chase. Den können sie natürlich doppeldecken und ihn abmelden. Dann muss jemand anderes die Bälle fangen und das ist Tee Higgins. Wenn sie den Ball laufen wollen, ist das Joe Mixon. Bei den Bengals hätte ich auf die beiden ein Auge geworfen und in der Verteidigung der Bengals auf die Nummer 91, Trey Hendrickson. Der muss nämlich Matthew Stafford jagen. Auf der Seite von den Rams muss man einmal auf Aaron Donald, die 99, gucken. Und natürlich wird der Superstar-Receiver – es ist nicht OBJ – sondern Cooper Kupp das Zünglein an der Waage sein.
vereinsleben.de: Du warst in den letzten Jahren mit der ran-Crew regelmäßig beim Superbowl vor Ort. Wie ist das? Ist das wirklich in den USA so verrückt, wie das bei uns in Deutschland ankommt?
Patrick Esume: Nein, es ist noch viel verrückter, als es bei uns ankommt! Das kann man sich nicht vorstellen, weil dieser Superbowl bei den Amerikanern kulturell so tief verwurzelt ist. Diese gesamte Hot Week vor dem Super Bowl ist schon absurd, weil das „Who is Who“ des Showbusiness und der Sportszene in der Stadt ist. Es kommen Menschen aus aller Herren Länder, auch ganz viele Deutsche sind in LA, obwohl sie kein Ticket haben. Sie wollen einfach diese Atmosphäre aufsaugen. Gerade die Kombination LA, die Stadt der Stars, da den Superbowl zu haben, das ist eine absurde Atmosphäre. Wenn es dann losgeht, der Ball fliegt und die 100.000 Zuschauern mit ihren Handys ein Bild machen, das ist schon eine ganz besondere Atmosphäre. Es gibt nur ein Event, das vergleichbar ist, und das ist das Finale der Fußball-WM. Ansonsten gibt es nichts.
vereinsleben.de: Mit Blick auf die Halftime-Show. Eminem, Snoop Dogg, Mary J. Blidge, Kendrick Lamar und Dr. Dre! Bist Du zufrieden?
Patrick Esume: Besser geht es nicht! Jeder Einzelne könnte seine eigene Superbowl-Halbzeitshow haben. Wir haben uns schon gefragt, wie soll das laufen? Ist das so ein Medley aus allem? Das wird ein Kracherhit nach dem nächsten. Da müssten die Leute vor den Fernseher stehen und tanzen, weil das wird eine unglaubliche Halftime-Show. Ich gehe davon aus, dass sie eine der besten der letzten zehn Jahre wird. Alles andere würde mich enttäuschen.
vereinsleben.de: Auf welchen von den Künstlern freust du dich am meisten?
Patrick Esume: Das ist eine gute Frage. Ich bin ein großer Dr. Dre Fan, aber auch Kendrick Lamar und Mary J. Blidge hat natürlich eine coole Stimme. Das kann ich gar nicht sagen. Müsste ich mir aussuchen: Ich bin Dr. Dre Fan.
vereinsleben.de: Abschließend natürlich noch die Frage: Wer gewinnt? Cincinnati oder Los Angeles?
Patrick Esume: Als Trainer gucke ich die beiden Teams an, was da an Potenzial steht, und sage: Auf dem Papier müssten die Rams das eigentlich gewinnen. Aber wie es im Sport immer so schön ist. Das ist von Menschen gespielt und da spielen viele andere Faktoren eine Rolle, die man nicht unbedingt so bemessen kann. Mit welchem Selbstbewusstsein gehen die in das Spiel? Wie ist deren Historie? Wie sind sie dahingekommen? Mein Bauchgefühl sagt mir, dass die Bengals das Ding ganz knapp gewinnen, was ich für die Liga als solches geil fände, wenn einmal ein anderes Team, nicht das Starpower Team, sondern die jungen Wilden das gewinnen. Ich setze auf die Cincinnati Bengals.
vereinsleben.de: Mutig…
Patrick Esume: Das ist mutig, ich weiß.
vereinsleben.de: Dann schauen wir mal, ob Du mit Deinem Tipp Recht hast. In der Nacht von Sonntag auf Montag wissen wir mehr.