„Anspruch ist immer der erste Platz"

Karatekämpfer Jonathan Horne im Interview

Sportnews > Für Zwischendurch Veröffentlicht am Friday, 22. March 2019

Quelle: Picture Alliance / Oscar J. Barroso / APF7

Er gilt als der beste Karateka aller Zeiten. Unzählige Titel kann er sich zuschreiben. Unter anderem ist er fünffacher Europameister, 2018 wurde er Weltmeister. Nächste Woche steht schon wieder die nächste EM in Spanien an. Im Interview erzählt er, was ihm Karate bedeutet, was für ihn die Titel Wert sind und was sein absoluter sportlicher Traum ist.

Schon als kleiner Junge begeisterter Kampfsportfan, war der Weg für Jonathan Horne in den Karatesport vorgezeichnet. Doch es wurde viel mehr als nur ein Hobby. Mittlerweile ist der beste Karateka in seiner Gewichtklasse und möchte das natürlich auch bleiben. Fokussiert auf die Europameisterschaft, die vom 28. März bis zum 31. März in Spanien stattfindet, erzählt er im Interview mit vereinsleben.de von sich und seinen Titeln.

vereinsleben.de: Jonathan, du bist schon eine absolute Legende im Karatesport. Du hast bis jetzt alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt, oder?

Jonathan Horne: (lacht) Ja, kann man so sagen. Ich habe eine große bzw. zahlreiche Titelsammlung.

vereinsleben.de: Und Olympia kommt ja vielleicht auch noch dazu?

Jonathan Horne: Ich hoffe es. Ich bin auf einem guten Weg und hoffe, dass ich mir auch da eine Medaille ergattern kann.

vereinsleben.de: Aber eins nach dem andern. Fangen wir mal vorne an: Wie bist du denn eigentlich zum Karate gekommen?

Jonathan Horne: Ich war schon immer ein aktiver Junge. Habe mich auch schon immer für Kampfsport begeistert. Als Kind habe ich immer Bruce Lee oder Jackie Chan Filme geschaut und aufregend gefunden. Der Sohn von der damaligen besten Freundin meiner Mutter hat mit Karate angefangen und hat gefragt, ob ich da nicht auch mitmachen möchte. Ich hab dann beim Probetraining mitgemacht und bin dabei geblieben.

vereinsleben.de: Was ist für dich das Besondere am Karate?

Jonathan Horne: Die Vielfältigkeit, das Zusammenkommen mit den Menschen, egal welcher Herkunft. Es geht einfach um den Sport und die Mentalität, die dahinter steckt. Die Philosophie ist das, was mir daran gefällt.

Bei der Weltmeisterschaft im November 2018 kämpfte Jonathan gegen den Iraner Sajad Ganjzadeh um Gold. (Bildquelle: Picture alliance / NurPhoto)

vereinsleben.de: Was ist denn für dich der Unterschied von Karate zu anderen Kampfsportarten? Kann man das an etwas festmachen?

Jonathan Horne: Was die Technik angeht, sind andere Sportarten natürlich anders. Wir sind so ziemlich ein Mix aus allem außer Bodenkampf. Das heißt wir machen alles, was im Stehen geht oder mit Werfen zu tun hat. Für mich persönlich ist es die Ruhe und Gelassenheit, die Karate ausstrahlt.

vereinsleben.de: Das ist ja auch so eine Sache: Viele sind der Meinung, dass Kampfsport zu gewalttätig ist. Was würdest du denn sagen, wenn jemand behauptet, Karate sei einfach nur aufeinander einschlagen?

Jonathan Horne: Genau das ist es nicht. Die grundlegende Basis im Karate ist nicht, wie verletze ich jemand, oder wie schlage ich mich, sondern wie verteidige ich mich selbst. Wie gehe ich mit meinem Körper um und wie lerne ich meinen Körper kennen. Natürlich, wie bei jeder anderen Kampfsportart auch, kannst du das, was du lernst, anwenden. Aber primär geht es um die Philosophie, die Selbstverteidigung und das Zusammenkommen mit seinem körperlichen Ich. Das aufeinander Treffen des geistigen und körperlichen Ich und die Ruhe und Gelassenheit, die dabei gesucht und gefunden wird.

vereinsleben.de: Also ist es der Weg zu sich selbst ein bisschen?

Jonathan Horne: Ja, genau.

vereinsleben.de: Laut „Karate-Records“ bist du der beste Karateka der Welt. Und auch auf der „World Karate Foundation“ stehst du auf Platz eins. Was ist das für ein Gefühl?

Jonathan Horne: Ich sag es immer so: der beste Karateka der Welt in meiner Gewichtsklasse ja, aber über mir gibt es definitiv noch den ein oder anderen besseren. Welche, die ein paar Weltmeistertitel holen konnten. In meiner Gewichtsklasse gehöre ich zur Weltelite, in Deutschland sowieso. Mit dem WM-Titel letztes Jahr bin ich im männlichen Bereich der beste Karateka aller Zeiten geworden. Für mich ist es eine Bestätigung meiner jahrlangen, harten Arbeit.. Es ist schön zu sehen, dass ich da oben dabei bin. Ich wäre jetzt aber auch nicht traurig, wenn ich Zweiter, Dritter oder Vierter wäre. Natürlich ist der Anspruch auf den ersten Platz immer da. Aber ich sage immer so, wer ums Podium kämpft und oben mit dabei ist, der sollte schon mehr als zufrieden sein. Es ist Sport und im Sport gehören mehrere Faktoren dazu. Die Tagesform, die Umgebung, die Zuschauer, ob sie dich ausbuhen oder dir zujubeln, der Kampfrichter - da kommen einige Faktoren zusammen. Deshalb gilt für mich, wer sein Bestes gibt, erntet auch das, was er gegeben hat.

vereinsleben.de: Im Spitzensport ist es oft so, dass man auf viel verzichten muss. Ist da ein Gewinn von einem Titel der Ausgleich? Oder sagt man dann auch mal eher, heute will ich lieber mal eine Pizza essen oder sowas?

Jonathan Horne: Was mir vor allem weh tut, ist die Zeit, die ich mit Familie und Freunden verpasse. Ich bin jetzt auch mittlerweile in einem Alter, in dem mir die Zeit mit Familie und Freunden doch wertvoller ist, als ein Titel. Dadurch dass man schon eigentlich alles erreicht hat und das Ganze auch schon jahrelang macht und jahrelang Herzblut gegeben hat, komme ich an einen Punkt, an dem ich sage, es macht zwar immer noch sehr viel Spaß, aber mit Freunden und Familie abzuhängen, gibt mir mehr Zufriedenheit als ein Titelgewinn.

2005 wurde Jonathan Horne Jugendweltmeister. Eines seiner persönlichen Highlights. (Bildqelle: Picture Alliance / Oscar J. Barroso / APF7)

vereinsleben.de: Titelgewinn, da sind wir auch schon beim nächsten Thema: Nächste Woche Donnerstag beginnen die Europameisterschaften in Spanien. Was ist da dein Ziel? Der sechste Titel?

Jonathan Horne: Auf jedem Turnier ist das Ziel Erster zu werden. Das wird es auch diesmal bei der EM sein - den sechsten Titel als Europameister zu sichern. Zufrieden bin ich natürlich wenn ich um eine Medaille kämpfe, aber ganz klar fokussiere ich den ersten Platz an. Ich freu mich auch schon darauf.

vereinsleben.de: Wie waren die Vorbereitungen für dich?

Jonathan Horne: Die Vorbereitungen liefen eigentlich ganz gut. Die Turniere an sich liefen auch sehr gut. Bis auf kleine Fehler, die ich gemacht habe. Bei diesen weiß ich auch jetzt, woran es lag und konnte daran arbeiten. Körperlich geht es mir momentan sehr gut, mental bin ich auch ziemlich ausgeglichen und fokussiert auf die EM. Wenn ich mir nicht selbst im Weg stehe, sollte das sehr gut klappen.

vereinsleben.de: Karate an sich hat jetzt auch ein Erfolg zu verzeichnen. 2020 wird es zum ersten Mal eine olympische Disziplin sein. Was bedeutet das für dich?

Jonathan Horne: Seit ich dabei bin, höre ich eigentlich, dass Karate olympisch wird, wurde es aber nie. Ich bin einfach überglücklich, dass ich das in meiner aktiven Karriere noch miterleben darf. Dass ich auch die Chance habe, bzw. eine sehr große Chance habe, an den Olympischen Spielen teilnehmen zu dürfen. Ich glaube das ist der Traum eines jeden Sportlers. Bei den Olympischen Spielen teilzunehmen, dort sein Bestes zu geben und eine Medaille zu holen. Das freut mich total.

vereinsleben.de: Also rechnest du dir schon Chancen auf Olympia-Gold aus?

Jonathan Horne: Nur wer hoch greift, kann auch hoch hinauf steigen. Ich rechne mir große Chancen aus. Die Qualifikation ist, so finde ich, sogar härter als die Spiele an sich. Die Qualifikation sieht gut aus, warum sollte dann nicht auch der erste Platz drin sein?

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